Blog heiraten

Dienstag, 20. Oktober 2015

The Damned - Machine Gun Etiquette

The-Damned-Machine-Gun-Etiquette

THE DAMNED gehören nun schon seit einigen Jahren zu meinen heftig verehrten Körperbeat-Helden und haben mit ihren ersten vier Alben (das zweite fällt qualitativ etwas ab, ist aber immer noch hübscher als viele andere Punk-Veröffentlichungen) für mich einen persönlichen Lifestyle-Soundtrack erschaffen, dass ich mir mein Leben ohne diese Musik kaum noch vorstellen mag.
Blöder Punk, Billigmusik, Amateure, musikalischer Müll - das alles hört man ja ganz oft so ähnlich von vielen Heavy Metal-Gestörten und sogar aus seinem eigenen Umkreis, wenn es um das Thema Punk geht. Da braucht man dann auch nicht mit so unglaublichen Weltwundern wie "Entertainment!", "Metal Box", "Prayers on Fire", "Pink Flag", "Door, Door", "Real Life", "Fresh Fruit for Rotting Vegetables" und einer Endlosliste kommen. Da ist der Ofen aus, da bleibt man stur.
Doof nur, dass THE DAMNED so wunderbare Musik veröffentlicht haben, dass man trotzdem nicht aufgibt und diese Zaubermusik weitergeben möchte.
Und THE DAMNED haben "zum Glück" ein Album in ihrer leider viel zu wenig beachteten Kariere, welches so vorzüglich dafür geeignet ist, um alle Ekelmäuler zu stopfen.
1979 erschien nämlich mit "Machine Gun Etiquette" das für mich nicht nur makelloseste Album aus diesem Bereich, sondern auch eines der schönsten (im wahren Wortsinn!) Rockalben, welches man sich vorstellen kann.
Auf der einen Seite ist "Machine Gun Etiquette" so befreiend rotzig und lebendig wie das Glücksgefühl-Debüt, auf der anderen Seite präsentieren sich THE DAMNED auf diesem Album als die wirklichen musikalischen Könner, die sie eigentlich von Anfang an waren. 35 Minuten lang zeigt Captain Sensible, was für ein magischer Gitarrist er ist, schüttelt sich Gitarrenriffs von Welt aus seinem Herzen (!; wie schön es wäre, wenn es heute noch solche Typen an den Gitarren geben würde), spielt mit Prog-Rock Anleihen, erstürmt mit seinen Solis und seinen "ich möchte nackt tanzen"-Melodien und Harmonien meinen Gefühlsvulkan und ist obendrein auch noch von vorne bis hinten eine arschcoole Sau. Neben dem Captain, sorgt Dave Vanian für sagenhafte Gesangsmomente, die nicht nur perfekt zur Musik passen, sondern nebenbei auch sein unglaubliches Talent als Sänger und beneidenswerten Frontmann offenbaren. Alleine diese markerschütternden Leistungen gehören zu den fantastischsten Momenten der 70er/80er Rockmusik. Schlagzeuger Rat Scabies und Bassist Algy Ward bilden das grandiose Rhythmus-Fundament für die Songs.
THE DAMNED mischen auf diesem Album melodischen Punk mit dem anziehenden Rotz von den Vorläufern wie THE STOOGES (bekanntlich Großgötter, dazu später mehr), MC5 oder RAMONES mit leichten progressiven Einschlägen und Popstrukturen, wie man sie sich wünscht. Nebenbei werden stark vernebelte Gothic-Blaupausen kreiert, die später bei den Post-Punk Bands zum Standard wurden. Es ist sagenhaft, welche Kreativität auf diesem Werk vorherrscht, wie abwechslungsreich und musikalisch luftig die Band agiert, mit welcher Leichtigkeit verschiedene Elemente passend zusammengeführt werden und wie einfach und bodenständig das Ergebnis klingt, als ob es die einfachste Sache der Welt wäre.
Ich heule immer wieder, wenn die ersten drei Songs 'Love Song' (gehört mal eben zu den besten Eröffnungssongs in meiner Kassettensammlung), 'Machine Gun Etiquette' und die Freudenshymne 'I Just Can't Be Happy Today' das Album eröffnen, tanze mit meinem Kuscheltier zu 'Melody Lee' durch die Küche, hüpfe nackt zu 'Anti-Pope' auf meiner Rammelburg, vergreife mich an Muttis Kaja bei 'Plan 9 Channel 7' und werfe 100€-Scheine zu 'Smash It Up' aus dem Fenster. Besser geht melodischer (Pop)Rock nicht, ohne dabei die nicht erwähnten Songs schlechter darzustellen. Auf dem direkten Nachfolger "The Black Album", welches eigentlich noch melodischer und größer ist, hatte man dann endgültig einen Jahrhundertsong mit 'The History of the World (Part 1)' komponiert.
"Machine Gun Etiquette" ist so herrlich "einfach", lebendig und ein großer bunter Glücksmoment, dass man nach 35 Jahren, immer noch überwältigt von diesem Meisterwerk, trauert, dass solche Musik kaum bis nie wieder komponiert wurde.
Es ist ein Werk, welches heute zu meinen ganz großen Lieblingen gehört. Das sogenannte Inselalbum, wenn man es denn so will.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen