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Dienstag, 20. Oktober 2015

Rush - Rush in Rio (DVD)

Rush-Rush-in-Rio-(DVD)














Es gibt viele kleine und große Geschichten, die wohl jeder richtige Musikfan zu erzählen vermag. Momente der Erfahrungen, der unersättliche Drang nach Neuentdeckungen, einzelne Werke von unmessbarem Wert, die zur persönlichen "Entwicklungshilfe" maßgeblich beigetragen haben, Gefühlsausbrüche, geschuldet durch musikalische Emotionen, die mit nichts im Leben zu vergleichen sind, weinende und schon fast schmerzende Begeisterung, an die Zeit gebundene Erinnerungen und Ereignisse, mit denen man eine Beziehung für das ganze Leben eingeht.

So ein Zeitstempel, ein grober Einschnitt in meinem Dasein als Musikschwamm, wurde mir, ich weiß es noch ganz genau, im Oktober 2003 mit der DVD von "Rush in Rio" wie ein Brandzeichen in mein Herz mit einem Brenneisen hineingeschmorrt.
Ich kannte weder die Band, noch habe ich vorher irgendwelche Songs (unbewusst) gehört. Ich bin aber immer wieder in meiner aktiven Zeit als Rock Hard-Leser über Artikel und immer leicht versteckte Berichte zu den älteren Alben der Band gestolpert. Das hat mich dann so neugierig gemacht (es hieß mit jedem Buchstaben, dass Rush die beste Band der Welt ist, dass ihre Musik unbeschreiblich ist, weil man es selber hören muss, dass die Musiker nicht menschlich sind, dass es nur Meisterklasse in der Diskographie zu bestaunen gibt - bei solchen Aussagen war ich (mittlerweile) immer sehr vorsichtig, aber bei dieser Band kam die Euphorie gefühlt von der gesamten Redaktion und ich befand mich sowieso gerade in meiner "Neufindungsphase"), dass ich mir direkt zur Veröffentlichung von "Rush in Rio" die DVD ohne Rücksicht auf Verluste gekauft habe.

Tja, was soll ich schreiben? Wenn ich richtig überlege, dann ist diese DVD, dieses Live-Dokument so ziemlich der einzige Zauber, der für mich die gleichbedeutende Magie entfacht wie ein "P.U.L.S.E".
Jubelnde MenschenMASSEN, tosende Begeisterungsstürme und dann knallte mir der Eröffnungssong 'Tom Sawyer' entgegen. Wie ich mich immer noch an diese ersten Minuten, die nun auch schon fast 11 Jahre wieder her sind, erinnern kann, als ob es gerade eben erst passiert ist. Dabei hatte ich doch "nur" das Schlagzeug und diesen tiefgrummeligen Überdruck des Basspedals verschlungen. Ich flutschte ein zweites Mal in meinem Leben durch den Geburtskanal und erstarrte für über zwei Stunden vor dem Bildschirm.
Über die Songs möchte ich auch gar nicht erst groß was schreiben, nur, dass ich bei dem Instrumental "La Villa Strangiato" weinen musste, bei "Red Sector A" komplett den Glauben verloren habe, das Drumereignis "O Baterista" mir die Logik aus meinem Hirn entfernte, "The Trees" mir reine Schönheit schenkte, ich bei "Distant Early Warning" so unfassbar gut unterhalten wurde, "Limelight" bereits schon beim Erstkontakt einer der großartigsten Rocksongs unserer Zeitrechnung war und "By-Tor and the Snow Dog" so ziemlich der coolste Song ist, den Rush geschrieben haben.
Man könnte kritisieren, dass '2112' nur in einer sehr mageren Version präsentiert wird (für mich genau die richtige Länge), dass 'Cygnus X-1', schließlich einer der besten Songs aus der 70er-Ära, eigentlich nur kurz angespielt wird (läuft aber im Kontext der Zugabe und ist somit vertretbar) und sträflicherweise "Power Windows", das großartigste Rush-Werk in meinen Ohren, fast komplett umgangen wird.
Rückwirkend ist "R30" in allen Belangen natürlich um Welten besser, allerdings fehlt mir die Spontanität, die Echtheit, das unverfälschte Live-Feeling, der Ecken- und Kantensound und die Begeisterung im Publikum. "Rush in Rio" hatte eine ganz spezielle Wirkung auf mich, diese Veröffentlichung war daran schuld, dass ich in den folgenden 3 Monaten alles in Bewegung gesetzt habe, um mich mit dem vollständigen Katalog der Band einzudecken.

Heute höre ich RUSH eigentlich nur noch ziemlich selten, aber wenn, dann immer wieder mit Freude und Genuss wie am ersten Tag, meistens dann auch mehrere Alben hintereinander.
Aber ein Leben ohne "Hemispheres", "Grace Under Pressure", Moving Pictures", "A Farewell to Kings" oder "Signals" könnte ich mir auch gar nicht mehr vorstellen.

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