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Freitag, 26. Oktober 2012

Enslaved - Eld

Enslaved-Eld
1994 veröffentlichten die Norweger ENSLAVED mit ihrem 2. Album “Frost“ eines der Referenzwerke der 2. Black Metal-Welle.
Ich persönlich hielt “Frost“ schon immer für überbewertet. Klar, das Album bietet große Momente, rasend-klirrende Songs und wütendes Songwriting auf hohem Niveau, aber Vorgänger wie auch der hier besprochene Nachfolger sind meiner Meinung nach die besseren Werke der frühen ENSLAVED.
Besonders “Eld“ ragt bis heute aus der Schaffensphase von ENSLAVED heraus, denn nicht nur der sehr eigenwillige Sound und das etwas gezügeltere Tempo, sondern auch die epische Breite und das homogenere Songwriting gegenüber den Vorgängern, lässt “Eld“ in einem ganz eigenen Licht erscheinen.
Mit dem viertelstündigen monumentalen Epos „793 (Slaget Om Lindisfarne)“ wird “Eld“ in einer epischen Breite eröffnet, die ENSLAVED bis heute nie wieder erreicht haben.
Leise steigern sich die Keyboardflächen, die eine wunderbare Atmosphäre erschaffen, bis Akustikgitarren und polterndes Drumming einsetzen. Grutles Klargesang klingt heldenhaft, leidenschaftlich und nicht übertrieben, dazu werden immer wieder elektrisierende Gitarrenriffs mit eingeflochten, bis die Ruhe plötzlich in sich zusammenbricht und eiskalt in einem infernalischen Ausbruch der Raserei wechselt.
Willkommen in der barbarischen Welt von “Eld“, auf keinem anderen Album von ENSLAVED lagen wütende Raserei und hymnische Songstrukturen so nah beieinander wie auf diesem Werk.
Hymnische Gitarrenmelodien - immer kratzig und roh - brutales Gekrächze von Grutle, dynamische Tempowechsel, eiskalte und brodelnde Riffwände und ein mehr als natürlich klingendes Schlagzeug, abwechslungsreich wie auch eigentümlich.
In den 16 Minuten bekommt man alles, für was der Name ENSLAVED in den Neunzigern stand. Erstklassigen und bestechenden sowie brutalen(!) und authentischen Viking Metal, der nicht eine Sekunde mit Peinlichkeiten, lieblichen Schlager-Melodien, Magen umdrehenden Klargesang oder lächerlichen Instrumenten liebäugelt.
ENSLAVED waren zusammen mit HELHEIM und HADES die Vorreiter einer Szene, die heute in meinen Augen das peinlichste Glied des Heavy Metal darstellt.
Viking Metal wurde von den genannten Bands zelebriert, authentisch mit Raserei, Hass, Kälte, Rohheit, Hingabe, Leidenschaft und mit Talent erschaffen ohne auch nur die geringsten Kompromisse im Sound, beim Gesang, der Instrumentalisierung oder im Songwriting einzugehen.
„Hordalendingen“ bietet wütende Riffs, Blastbeats und einen herrlich kreischenden Grutle. Die Magie des Openers ist binnen Sekunden zerstört und ENSLAVED wüten und hacken sich durch barbarische 5 Minuten. Kompromisslos gut, beängstigend intensiv und gnadenlos rasend. Kurze Erinnerungen an “Frost“ drängen sich auf. Auch hier wird wieder mit Klargesang gearbeitet, dieser wird jedoch nur als Farbtupfer verwendet, genau wie die im Hintergrund stimmigen Keyboards, denn im Vordergrund regiert das kontrollierte Chaos.
„Alfablot“ gehört zu den Klassikern und ist ein vertonter Vernichtungsschlag mit kräftigem Drumming, wahnwitzigen Gitarrenriffs und einem wieder besessenen Kreischgesang von Grutle. Wieder wird der charismatische Klargesang eingesetzt, kurze Tempowechsel, fast ruhige Momente um dann wieder in vollkommene Raserei zu verfallen.
ENSLAVED erzeugen auf “Eld“ ein wahres Inferno, obwohl die Blastbeats von Harald Helgeson niemals die Intensität von einem Trym erreichen, sorgt gerade der polternde Schlagzeugsound für eine vielleicht auch nicht beabsichtigte zusätzliche Brutalität im Sound. Zusätzlich spielt Harald Helgeson auf “Eld“ ungewohnt abwechslungsreich, leicht technisch und sehr songdienlich.
Man könnte dem Album auch Eintönigkeit nachsagen, da auch gerade der sehr eigenwillige Sound die Songs untereinander sehr ähnlich klingen lässt. Beim genauen hinhören erkennt man (oder nicht) aber die Klasse und Raffinesse von ENSLAVED. Das perfekte Zusammenspiel von epischer Breite, gnadenloser Raserei, rohen und kantigen Songs, hymnischen Melodien, Klargesang und anstrengendem Songaufbau sowie einer einmaligen Atmosphäre haben ENSLAVED vielleicht nur noch auf “Hordanes Land“ erschaffen.
Auch wenn die späteren Werke musikalisch anspruchsvoller, gereifter, durchdachter, verspielter, eingängiger und von mir aus auch besser sind, haben ENSLAVED nach “Eld“ nie wieder Werke wie “Vikingligr Veldi“, “Frost“, “Hordanes Land“ oder “Eld“ erschaffen, von anderen Bands ganz zu schweigen.
Alle vier genannten Werke sind Meisterwerke der 2. Black Metal-Welle, Monumente und unantastbare Vorzeigewerke, die leider von hunderten nachfolgenden Kasperkapellen Ende der 90er Jahre - die es leid waren auf Mittelaltermärkten ständig mit Scheiße und Gelächter beschmissen zu werden - noch nicht einmal im Ansatz erkannt und völlig falsch verstanden wurden.

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