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Donnerstag, 5. März 2009

Van der Graaf Generator - H to He Who am the Only One

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Ach, 1970 war so ein unglaublich fantastisches Musikjahr. Eines der großartigsten Werke aus diesem Jahr stammt meiner Meinung nach von VAN DER GRAAF GENERATOR, die Band um den charismatischen Sänger und Kopf der Band Peter Hammill. Peter Hammill ist, wenn man will, der beeindruckendere Peter Gabriel, ein dunkler Poet mit der viel besseren Stimme und einem ausgeprägteren Sinn für tieferes Songwriting.
Das tut hier aber nichts zur Sache, beide Künstler verehre ich hingebungsvoll, würde mich aber in den 70er Jahren, wenn es darauf ankommt, immer für VDGG und Peter Hammill entscheiden.
GENESIS haben zwar nicht so eine „extrem“ musikalisch schwankende Kurve in ihrer Disco, dafür haben GENESIS aber auch niemals solche weggesperrten Ungeheuer aus der seelischen Tiefsee freigesetzt. VDGG waren da viel näher am geistlichen Niveau von KING CRIMSON, anstatt am bunten Zauber von YES oder GENSIS.
Eröffnet wird “H to He Who am the Only One” von einem der genialsten Progressive Rock-Songs, den bis heute eine Band aufgenommen hat und gehört zu den magischen Momenten neben ’Starless’, ’Lady Fantasy’ oder ’Supper's Ready’.
’Killer’ donnert von der ersten Sekunde an ungezügelt und wie ein unumgänglicher Sturm auf einen herein, angetrieben durch den extrem pumpenden Bass und natürlich vom Meister-Saxophon vom Großkünstler David Jackson, der dieses Instrument auf eine völlig einzigartige und ungewöhnliche Weise spielt. Herausstechendstes Merkmal ist aber im VDGG-Sound die majestätische, ausdrucksstarke, druckvolle und unheimlich charismatische Stimme von Peter Hammill und sein unwirkliches Talent Songs zu schreiben, sowie einfach durchweg großartige Texte zu verfassen.
Peter Hammill ist und bleibt der fantastischste Sänger dieser Ära. Kein anderer Sänger reicht an seine ungemein nachdenklichen, extrem düsteren, poetischen und eindringlichen Texte heran, die er nicht nur stimmig vertont hat, sondern auch schon fast beängstlich mit Leben füllt.
Daneben sorgt David Jacksons abartiger Höllenritt auf dem Saxophon einfach nur für staunende Momente, womit man sogar Leute bekommt, die diesem Instrument überhaupt nichts abgewinnen können.
In ’Killer’ übernimmt er mit seinem Blasinstrument mal einfach eben so, als ob es ganz normal ist, den Part der E-Gitarre(!), die es bekanntlich so gut wie kaum im wirklich einzigartigen Sound von VDGG gibt, inklusive Psychosolo der ungezügelten Lust. Es ist einfach nur der blanke Wahnsinn, was David Jackson in dem Song abzieht, sich quasi beim spielen dreimal um die eigene Achse dreht und sich in jede Richtung überschlägt und sein Saxophon hemmungslos vergewaltigt.
Guy Evans hält mit seinem anspruchsvollen aber sehr songdienlichen Schlagzeugspiel alles zusammen und lässt für die beiden Stars Hammill und Jackson genug Freiraum. Vertonte Schizophrenie!
Wie Hammill die Wörter betont, in die Höhe treibt: „So you live in the bottom of the sea, and you kill all that come NEEEAAAAARRR YOOOOOOUUUUUUUHHHHHHOOOUUUUUU…”. Oder wenn er dann in seiner durchdringenden Art ein paar Oktaven höher singt: „And you crave companionship and someone to call your own; because for the whole of your life, You've been living alone”. Festgehaltene Gänsehautmomente und Sternstunden des Progressive Rocks. Was für eine enorme Stimme das ist! Dieses kurze Rhythmuserdbeben dazwischen und dann dieser sich öffnende Erdspalt, eingeleitet von folgenden stakkatoartigen Textzeilen: „Death in the sea, death in the sea, Somebody please come and help me, Come and help me. Fishes can't fly, fishes can't fly, Fishes can't and neither can I, neither can I”, danach absolute grausame Dunkelheit, ein tosender Sturm, kurze aufblinkende Lichter, bevor alles wieder in sich zusammenstürzt und der Fürst mit seinem Blasinstrument aus der Hölle aufsteigt. Unbeschreiblich was da alles abgeht in dem Song und was da für eine mächtige Kraft entwickelt wird - und das alles ohne E-Gitarre(n)! Pure Intensität!
Mit ’House with no Door’ folgt danach ein zutiefst trauriger aber wunderschöner ruhiger Song mit einer überwältigenden Gesangsdarbietung von Peter Hammil, der hier unfassbares Gefühl in seiner Stimme trägt. Wie großartig emotional kann man bitte singen und betonen? Begleitet von Hammills Pianoklängen, pumpenden Bassläufen und Evans beruhigenden Rhythmen am Schlagzeug, entfaltet sich ein wunderschöner Song, ganz ohne Kitsch.
Nach diesem Ruhepol des Albums folgt mit ’The Emperor in his War Room’ wieder ein sehr düsterer Song, in dem wieder alles steckt, was VDGG ausmachen. Wieder ist es dieser unglaubliche Sänger, der mit seiner Stimme alles mitreißt und diese beunruhigende kalte Atmosphäre, die für den frühen VDGG-Sound so typisch ist. Schon fast sakral betörend, erzeugt der Song eine sehr intime Stimmung. Das folgenden leicht avantgardistische ’Lost’ variiert dabei immer zwischen anmutigen ruhigen Momenten und kurzen Ausflügen in die Psychose, bevor mit ’The Pioneers over C’ das Album noch mal mit einem weiteren Höhepunkt ausklingt, wie es begonnen hat.
Es gibt auf “H to He Who am the Only One” keinen einzigen Schwachpunkt. Jede Note ist grandios ausgearbeitet, die Gesangslinien sind meisterhaft inszeniert, jedes Break ist stimmig und die Rhythmuswechsel sitzen perfekt, genau wie die faszinierenden und passenden Texte von Hammill. Und obwohl dieses Album eigentlich schon perfekt war, erschien 2005 die remasterte Edition in einem noch druckvolleren donnernden und voluminöseren Sound, wodurch dieses Werk noch weiter aufgewertet wurde. Daneben gibt es mit ’Squid 1 / Squid 2 / Octopus’ einen unveröffentlichten Bonustrack (neben einer anderen Version von ’The Emperor in his War Room’), der nebenbei zu den besten VDGG-Kompositionen gehört und eine unerwartet wilde Band präsentiert, wo alle Akteure (besonders der eher ruhige Evans am Schlagzeug und der nicht wiederzuerkennende unkontrollierte Hammill) so richtig den Schlüpfer umdrehen und das Album endgültig zu dem Meisterwerk macht, was es ist.
Ein leider einsames und wünschenswertes Beispiel für eine gelungene und nachvollziehbare Neuauflage eines Albums. In seiner Gesamtheit, ist “H to He Who am the Only One” für mich vielleicht das beste und ergreifendste Werk aus diesem Genre, was sich nur noch mit dem noch düsteren aber komplexeren “Pawn Hearts“ streitet und ebenfalls aus dem Hause und dem Hirn von Peter Hammill stammt. Ich weiß gar nicht, wie oft ich dieses Werk und den Namen Peter Hammill hier schon gepusht habe, aber für alle ernsthaften Prog-Fans hier im Forum, ist “H to He Who am the Only One” ohne Ausrede ein unumgängliches Pflichtalbum und für mich in seinen stärksten Momenten mit das beste an Musik wo gibt.

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